Die Nacht war wieder schlimm. Kaum sank mein Körper aufs Kopfkissen da kamen schon die Reizhustenanfälle. Mein ganzes Doping half da auch nichts. Aus meiner Lunge kamen giemende Atemgeräusche. Ein großer Teil meiner Qual war der Stress in einem Schlafsaal mit Mitpilgern zu liegen und das Gefühl meinen Hustenreiz unterdrücken zu müssen um sie nicht zu stören. Ja und Corona ist auch nicht gerade hilfreich auch wenn ich weiß, dass ich es nicht habe. Irgendwann konnte ich dann einigermaßen loslassen und für 4 Stunden schlafen. Ab 4.00 ging es dann wieder los mit dem Reizhusten.

Am Morgen war ich fix und fertig und ließ es langsam angehen. Alle waren bereits weg nur der Engländer war noch hier. Er nimmt es immer gerne gemütlich. Ich hätte gerade gerne eine grosse Portion seiner Gelassenheit. Er ruht in sich selber hat man das Gefühl.

Ich habe dann in der Küche gefrühstückt und mir für die nächsten zwei Nächte ein Zimmer reserviert. Damit ich in aller Ruhe nachts abhusten kann. Albergues werde ich in nächster Zeit meiden. Das ist das beste was ich im Moment für mich tun kann.

Die meisten unserer Gruppe sind 35km bis Monesterio gelaufen. Nur der Engländer ist noch hier, Jean-Pierre und das dänische Pärchen.

Der Weg war wunderschön. Ehrlich gesagt hatte ich mir die Via de la Plata nicht so grün vorgestellt. Die Dehesas durch die man geht sind spezielle Viehweiden wo die Tiere frei rumlaufen können. Es hat ganz viele Korkeichen und am Boden gibt es viel Gras und Kräuter. Die Bäume liefern Kork und Eicheln, die wiederum von den schwarzen Schweinen gegessen werden. Ja und die Schweine 🐖 werden zu dem bekannten Jamon Pata negra. Diese Dehesas sind wirklich sehr schön. Ich kreuzte immer wieder mit Jean-Pierre und dem Engländer da wir unheimlich viele Pausen machten. Die Etappe war ja auch sehr kurz mit nur 14 km.

Es gab dann auch noch einen kleinen Berg zu besteigen aber nicht wirklich eine Herausforderung. Für Jean-Pierre aus Nimes jedoch schon. Er meinte schnaufend, er möge diese Anstiege gar nicht. Später sah ich ihn dann wieder auf einer Wiese wo er gähnend eine Siesta abhielt.

Gegen 15.00 war ich in El Real de la Jara und machte mich auf die Suche nach dem Hostal. Es lag außerhalb des Städtchens in einer Industriezone. War gar nicht begeistert. Man sollte halt immer zuerst schauen wenn man reserviert ob es zentral liegt oder eben nicht. Auf dem Weg dorthin kam ich an einer Bar vorbei wo Jean-Pierre saß und ein Menu aß. Ich gesellte mich dazu und trank eine Clara con Limon. Wie Panache bei uns. Dazu ging ich meiner auf dem Camino begonnen Sucht nach: Kartoffelchips! Da man soviel schwitzt benötigt man halt mehr Salz als gewöhnlich.

Dann checkte ich im Hotel ein. Der Senor war sehr speziell und das ganze Hostal irgendwie komisch. Als er mir das Zimmer zeigte meinte er, ich solle bitte nicht die Frotteetücher zum Schnäuzen der Nase benutzen. Ich habe ihn ziemlich entgeistert angestarrt und mich gefragt, ob er das nun wirklich gesagt oder ich ihn einfach falsch verstanden habe. Aber er hat es vorgemacht. Na ja wirklich speziell der Herr vom Hostal.

Ich ging dann einkaufen und traf den Engländer. Er wollte eigentlich in der Albergue übernachten aber die haben sie für ukrainische Flüchtlinge aufgemacht. Er ist dann wo anders untergekommen wo er den ganzen Schlafsaal für sich alleine hatte. Die große Welle der Pilger ist eben bereits in Monesterio. Nur die welche es gemütlicher nehmen sind noch hier. Ist auch gut.

Das Abendessen habe ich vermasselt. Den eigentlich hatte mir der Senor gesagt wo ich gut essen kann aber ich lief daran vorbei und dann fand ich nichts mehr anderes. Anstatt umzukehren begnügte ich mich mit einem Bocadillo con Jamon. Ein bisschen öde aber ich wollte möglichst schnell zurück ins Hostal gehen und mich ausruhen. Außerdem hätte ich den Weg wohl im Dunkeln zurücklegen müssen durch das Industriegebiet und das behagte mir gar nicht. Ich bin dann früh ins Bett und hoffte zwischen den Hustenanfällen etwas Schlaf zu finden.
