111. Tag, Mammoth Lakes, Meile 906.6, Höhe 2405m

Meine Nacht war ganz ok wenn man bedenkt, dass ich auf einem kleinen Hügel lag und jeweils von der Luftmatratze runterrutschte. 

Ich bin um 5.45 los und sagte D-Hiker, dass ich weiter vorne in die Büsche gehen würde um mich zu erleichtern. Als ich gerade hinter einem Baum war ist sie an mir vorbeigestürmt und hat meinen Rucksack wohl nicht gesehen. Ich bin ihr dann hinterher, musste aber immer wieder anhalten um Fotos vom See beim Sonnenaufgang zu machen. Es ging dann über eine Baumstammbrücke und danach bin ich falsch links abgebogen. Ich bin über die Felsen gelaufen und nach ca. 80m sagte mir meine innere Stimme, dass ich mich verirrt hatte. Ich habe auf der App nachgeschaut und musste zur Brücke zurück laufen. Der Weg ging rechts dem See entlang. Ich bin dann zügig den Berg hinauf mit der Vorstellung, dass D-Hiker vor mir ist. Ich habe nach den Fussspuren von ihr gesucht aber nicht gefunden. So langsam dämmerte mir, dass sie hinter mir sein musste. Ich informierte eine andere Hikerin im Falle, dass sie sie sehen würde und beschloss an einem sonnigen Ort auf sie zu warten. Ich hatte mich gerade eingerichtet als sie schnellen Schrittes auf mich zu kam. D-Hiker hatte sich genau an der gleichen Stelle verirrt wie ich, nur hatte sie es erst später bemerkt und war deshalb hinter mir. Nach diesen Verirrungen brauchten wir erst einmal Frühstück. 

Man konnte den Rauch vom Waldbrand sehen und riechen was sehr unangenehm war. Die Luft fühlte sich auch komplett ausgetrocknet an und ich hatte ständig eine trockene Kehle. Zudem bekam ich Nasenbluten weil die Luft so trocken war. Sehr unangenehm, es fühlte sich an wie in der Wüste. Ich musste an einem Fluss nochmals Wasser holen weil ich das Gefühl hatte zu verdursten. 

Danach ging es zum Reds Meadows Resort wo ich zu meinem Bier und Chips kam. Von hier aus gibt es einen gratis Bus der regelmäßig nach Mammoth fährt. Unser Bus fuhr leider nicht ins Village sondern nur zum Ski Resort. Von dort sollte es einen weiteren Bus geben der ins Village fährt nur standen wir leider auf der falschen Straßenseite und verpassten ihn deshalb. Ich wollte endlich ins Hotel kommen und stellte mich deshalb an die Straße um zu hitchen. Bald schon hielt eine Frau an und fuhr uns direkt in die Travel Lodge. D-Hiker hatte abgemacht, dass wir bar bezahlen weil es billiger ist und die Frau an der Reception meinte, dass es reicht wenn wir dies am nächsten Morgen tun. Wir sind dann essen gegangen, sehr lecker😊. 

Als wir zurück ins Hotel gekommen sind, ready uns in die Horizontale zu legen, gönnten wir uns in der Lobby noch eine heisse Schokolade zum Abschluss. Dies hätten wir wohl besser bleiben lassen, denn jetzt kam der Manager und wollte das wir das Zimmer zahlen. Der hat so Stress gemacht, dass zwei Männee von der Waldbrandbekämpfung uns anboten, uns zum Geldautomat zu fahren. Das taten wir dann auch aber ich konnte nicht mehr als 100$ raus holen. Ich habe dem Manager dann die 175$ für die erste Nacht gegeben und wollte die zweite Nacht mit der Kreditkarte zahlen. Dann hat er gesagt das Zimmer koste mit Gebühren 200$ und wir müssten Cash bezahlen. Ich hätte ihn auf der Stelle erwürgen können. Der Typ war so ein A…h, dazu ein indischer👹! Soll er doch den Sheriff holen, ich gehe jetzt ins Bett!!!

110. Tag, Tentsite Garner Lake, Meile 921.3, Höhe 

Wir kommen kaum vorwärts! Heute haben wir gerade Mal 12 Meilen geschafft. Ist das die Höhe oder die dünne Luft? Ich muss auf jeden Fall etwas mit meinem Rucksack ändern denn ich habe starke Rückenschmerzen. In Mammoth gibt es einen Outfitter, vielleicht können die mir einen Rat geben oder ich kaufe einen neuen Rucksack. In Mammoth werden wir auf jeden Fall einen Zero (Ruhetag) einlegen bevor es in die High Sierra geht. 

Heute Morgen, ich war gerade am frühstücken, kam D-Hiker ganz aufgeregt zu meinem Zelt: Die Bärenkanister mit unserem Essen seien weg! Das würde bedeuten, dass wir nach Tuolumne hätten zurückkehren müssen. Ich habe nur gedacht, das fängt ja schon gut an heute Morgen! Ich bin erstaunlich ruhig geblieben und habe gedacht, die werden wir schon wieder finden. Öffnen können die Bären sie ja nicht aber es soll schon vorgekommen sein, dass ein Bär den Kanister irgendwo runter geworfen hat damit er kaputt geht. Die Bärenkanister sind dann tatsächlich wieder zum Vorschein gekommen, D-Hiker hatte einfach am falschen Ort geschaut😂. Sie schuldet mir jetzt ein Bier👍. 

Wir sind dann etwas verspätet losgelaufen und es ging gleich los mit dem Aufstieg zum Donahue Pass. Es ging eigentlich ganz gut außer, dass mein Rücken tierisch schmerzte und ich Ibuprofen nehmen musste. Als wir mehr als die Hälfte des Aufstiegs geschafft hatten, haben wir an einem Fluss, den wir noch überqueren mussten Frühstückspause gemacht. Wir beschlossen, dass wir keine nassen Schuhe und Füße wollten und haben einen andern Weg gesucht. Zuerst sind wir über die zum Teil sehr nasse Wiese gelaufen, dann über Felsbrocken geklettert, dann haben wir auf teilweise abenteuerliche Weise 3 kleinere Flüsse überquert und am Schluss mussten wir zurück zum Trail finden. Hatte sich der ganze Aufwand gelohnt? Jaaaaa! Wir hatten nur leicht feuchte Füße vom Gras und das trocknete schnell. 

Oben auf dem Pass war es windig und kalt. Dies war unser vierter Pass in der Sierra und er war gar nicht so schwierig. Auf der anderen Seite ging es natürlich wieder hinunter. Es waren viele Tagestouristen und JMT Hikers unterwegs. Da können wir gut sehen wie fit wir sind. Sie schnaufen und stampfen und wir laufen locker an ihnen vorbei aber nur wenn es nicht all zu steil ist. 

Wir hatten dann noch einen kleineren Pass zu bewältigen und danach war bei mir die Luft draußen. Die Campsite am Garner Lake kam gerade richtig. Einziges Problem der Boden war zu steinig, wir bekamen die Heringe nicht rein. Ich war total müde und mit der Situation überfordert. D-Hiker half mir einen anderen Platz zu finden und auch das Zelt aufzubauen. Wir mussten teilweise große Steine nehmen wenn wir die Heringe nicht in den Boden bekamen. Zu guter letzt stand aber mein Zelt wenn auch auf unebenem Grund und mit leichter Abwärtsneigung. Das wirdir ja eine Nacht…

109. Tag, Tentsite, Meile 933.6, Höhe 2709m

Wir haben heute einen Nero gemacht (Tag mit nur wenig Meilen) und sind erst um 7.30 aufgestanden. Um 8.00 ging der Shop auf und ich hoffte auf ein Frühstück im Imbiss nebenan. Tatsächlich gab es Rührei, Speck und Bratkartoffeln. Mmmhhhhh🤗. Ich war im siebten Himmel. Anschließend mussten wir unseren Bärenkanister mit Essen für 3 Tage füllen. Ich brauche mehr Food wie D-Hiker da ich möglichst zu- und nicht abnehmen sollte. Der Shop hatte alles was wir brauchten wenn auch etwas teuer aber was solls. Auf dem Campingplatz haben wir dann alle Verpackungen entfernt und in Ziplockbeutel umgefüllt. Mammoth Lakes ist nur ca. 36 Meilen entfernt. Es gilt aber den Donahue Pass zu bewältigen und der liegt auf 11000 Fuß. Ich schätze Mal das sind ca. 3350m. Es wird bestimmt Schnee haben aber ich mache mir da nicht mehr so einen Kopf. Wir laufen einfach den Pass hinauf und setzen uns mit der Situation auseinander wenn sie kommt. Es bringt nämlich nichts sich im Voraus sorgen zu machen. Es ist wie Eckhart Tolle sagt: Mit dem jetzigen Moment kann man immer umgehen, mit Zukunftsängsten nicht. 
Wir blieben dann noch bis 13.30 in Tuolumne auch weil wir noch auf die Post warteten. D-Hiker wartet immer noch auf die neue Kreditkarte und ich auf mein Moskitonetz für das Zelt. Beide Sachen waren natürlich nicht da. Es ist total schwierig irgendetwas zu organisieren wenn man nie ein Netz und kein Internet hat. Auf der Straße vor dem Shop gab es ein Payphone aber das funktionierte auch nicht😩. Ich muss die Moskito verseuchte Sierra ohne funktionierendes Moskitonetz machen. Arrgghhh! Na ja das Problem von D-Hiker ist schlimmer, sie hat seit South Lake Tahoe kein Geld! Gottseidank hat sie mich😁!

Wir sind dann um 13.30 gestartet, ich mit Eiscreme im Bauch. Der Rucksack fühlte sich wieder sinnlos schwer an. Mein Rücken schmerzte und ich musste Vitamin I (Ibuprofen) nehmen. 

Der John Muir Trail ist wunderschön wenn auch sehr touristisch. Wir wurden zum ersten Mal von einem Ranger auf einem Pferd angehalten und mussten unser PCT Longdistance Permit zeigen. Meines war noch etwas feucht von meinem unfreiwilligen Bad im Fluss. Der Ranger ließ uns dann gehen und wir setzten unseren Weg fort. Hier im Yosemite National Park hat es einen Waldbrand aber der PCT ist bisher nicht betroffen. Man sieht es aber weil es so diesig ist und manchmal, je nach Wind, kann man es auch riechen. Ich hoffe sehr, dass es uns nicht tangieren wird. Wir liefen durch ein wunderschönes Tal einem Fluss entlang. Von weitem können wir die Schneeberge sehen und wir fragen uns, welcher wohl der Donahue Pass ist. 

Wir sind heute nur 8.8 Meilen gelaufen und campen in der Nähe eines Bachs. Die Bärenkanister haben wir in einem toten Baum versteckt und mit Steinen beschwert. Man soll es den Bären schließlich nicht zu einfach machen. 

108. Tag, Tuolumne Meadows, Camping, Meile 942.5, Höhe 2616m

Seit heute sind wir auf dem atemberaubend schönen John Muir Trail im Yosemite Nationalpark! Dieses Teilstück sticht raus wie ein Diamant auf dem ganzen PCT. Wenn ihr mir nicht glaubt googelt es mal und klickt auf Bilder😜. 
Heute wurde es nichts mit trockenen Füßen und ich nahm auch noch ein unfreiwilliges Bad. Den ersten (kleinen) Fluss haben wir auf einem nassen Baumstamm überquert. Wir haben die Microspikes angezogen, weil Romana mir diesen Tipp gegeben hat. Hat sehr gut funktioniert und wir waren froh immer noch trockene Füße zu haben. Der zweite Fluss, ganz unten im Tal, wo sich das ganze Wasser sammelt war ein ganz anderes Kaliber. Wir liefen zuerst den Fluss hinunter und da wir keine sichere Stelle zum überqueren fanden gingen wir flussaufwärts. Der Fluss verengte sich in eine Schlucht aber leider nicht eng genug, dass wir ihn hätten überspringen können. Wir gingen weiter hoch und fanden endlich eine seichte Stelle wo wir rüber waten konnten. Die Socken habe ich ausgezogen und die Einlagen entfernt. Dann barfuß in die Schuhe und durch den Fluss waten. Das ging ganz gut aber ich war trotzdem froh drüben zu sein wenn ich an die Schlucht dachte, die weiter unten lag. Auf der anderen Seite haben wir die Schuhe so gut es ging ausgewrungen, Einlagen rein,  Goretex Socken anziehen und in nasse Schuhe schlüpfen. Ja ist genau so eklig wie es tönt aber die Goretex Socken helfen wirklich. Nach dieser Anstrengung beschlossen wir gleich noch zu früstücken. 

Wir fanden gleich wieder zurück auf den Trail und wollten grade durchstarten als wir sahen, dass es noch einen zweiten Fluss zu überqueren galt. Oh nein! Am Anfang war  ein schmaler nasser Baumstamm, welchen wir mit Microospikes in Angriff nehmen wollten. Das zweite, seichtere Stück wollten wir wieder durchwaten. Dummerweise bin ich auf dem Baumstamm ausgerutscht und ins Wasser gefallen😱. Ich konnte mich Gottseidank am Baumstamm festhalten und wieder aufrichten. Dann bin ich durch die Strömung rüber gewatet. Auf der anderen Seite haben wir erst mal ein sonniges Plätzchen gesucht damit ich trockene Kleider anziehen konnte. Es war heute nämlich herbstlich kalt. Brrrr! Die nassen Kleider verteilten wir auf unsere beiden Rucksäcke und befestigten sie mit Sicherheitsnadeln damit sie trocknen konnten. 

Uns kamen Nobos entgegen und sie versprachen uns, dass es keine weiteren nassen Füße geben würde für heute. Gottseidank!

Der Trail war heute sehr einfach, er schlängelte sich eben durch grüne Graslandschaften. Wir kamen dementsprechend gut voran. 

Beim Mittagessen musste ich meine Kleider in der Sonne trocknen und auch das Zelt auslegen. Ich hatte heute Nacht sehr viel Kondenswasser im Zelt. Gottseidank hatte ich mein Handy in einem wasserfesten Beutel verstaut. 

107. Tag, Tentsite, Meile 959.4, Höhe 2891m

Heute Morgen waren meine Schihe ziemlich trocken und das sollte möglichst so bleiben! Dummerweise bin ich aber bei einem kleinen Bach auf einem Stein abgerutscht und mein rechter Schuh landete im Wasser. Arrgghh😖! Ok, als ich mit den Schuhen durch den Fluss gelaufen bin waren meine Schuhe und Füsse viel nässer. Wir beschlossen, an diesem Tag keine nassen Füsse zu haben. Bei drei kleineren Flüssen ohne grosse Strömung haben wir die Schuhe und Socken ausgezogen und sind barfuss durchgewatet. Der erste Fluss war eiskalt und es dauerte einen Moment, bis wir wieder warme Füsse hatten aber die waren trocken😊. Andere Flüsse haben wir auf Baumstämmen überquert. Einer war etwas schwierig weil ich über kleine Aststumpfe klettern musste, zudem wurde der Stamm immer schmaler. Ich war froh, als ich drüben war. D-Hiker hat gesehen, dass es schwierig war und ist einfach durchgewatet. 

Wir haben es tatsächlich geschafft, den ganzen Tag trockene Füße zu haben. Wenn man einmal einen ganzen Tag mit nassen Füßen rumgelaufen ist, weiss man dies sehr zu schätzen. 

Wir mussten heute über den Benson Pass und dies hieß über 700m steiler Aufstieg und 500m Abstieg. Der höchste Punkt war bei ca. 3140m. Es war brutal anstrengend und wir haben ziemlich geschnaufft bis wir oben waren. Wir wurden dafür mit einer wunderschönen Bergwelt belohnt. Riesige Felsen, malerische Bergseen, grüne Wiesen und immer wieder kreuzten Rehe unseren Weg. Hier gibt es sogar einen Matterhorn Creek und ein Matterhorn Canyon😉. Oben auf dem Pass lag noch etwas Schnee aber kaum der Rede wert. 

Als wir endlich unten waren und noch einen Fluss barfuß überquert hatten, kam nochmal ein fieser steiler Anstieg von ca. 400m. Oben angekommen haben wir uns bald eine Tentsite gesucht. Wir hatten genug!

Die Anzahl Meilen ist momentan ziemlich runter gekommen. Wir sind froh, wenn wir 15 Meilen schaffen bei diesen vielen Höhenmetern. Wie sagen sie hier: The Sierra will slow you down und das ist verdammt richtig!

106. Tag, Tentsite, Meile 973.5, Höhe 2458m

Das war echt Hardcore heute Morgen! Meine Schuhe waren noch total nass und kalt.  Ich habe trockene Socken angezogen dadurch war es einigermassen erträglich. Das Zelt war vom Regen auch total nass und wir mussten es wohl oder übel so einpacken. Wir sind erst um 6.00 los da wir soviel Zeit brauchten um das nasse Zelt einzupacken und zweitens kämpften wir immer noch damit den Bärenkanister im Rucksack zu verstauen. 

Es ging mal wieder steil den Berg hinauf und als wir fast oben waren zeigte sich endlich die Sonne. Wir suchten uns ein Plätzchen auf den Felsen und legten die nassen Zelte zum trocknen aus. Auch die Socken und die Schuhsohlen konnten etwas Sonne vertragen von den Schuhen ganz zu schweigen. Die Frühstückspause dauerte etwas länger als sonst aber wir wollten abends wieder ein trockenes Zelt haben. 

Wir haben heute drei, zum Teil steile, Aufstiege bewältigt und auf der anderen Seite ging es natürlich wieder hinunter. Jeweils im Tal mussten wir einen Fluss überqueren. Durch einen sind wir knietief durchgewatet und die anderen beiden haben wir auf großen Baumstämmen überquert. 

Beim ersten River Crossing hat Big Sky auf uns gewartet weil er nicht alleine rüber wollte. Das war auch gut so, man sollte dies nicht alleine tun. Anschließend hat er sich bei uns bedankt und ist alleine weiter. 

Mir war etwas mulmig heute Morgen weil ich wusste, dass wir heute den Kerrick River überqueren müssen wo Tree ertrunken ist. Unbewusst hat mich das so belastet, dass ich eine Migräne bekommen habe. Ich habe es aber so früh gemerkt, dass ich gleich die Medikamente einwerfen konnte. 

Das River Crossing ging aber gut, wir wussten, dass 200m den Fluss hinauf ein großer Baumstamm lag. Es scheint leicht zu sein einen Fluss auf einem Baumstamm zu überqueren aber man muss ausblenden können, dass darunter ein reißender Fluss fließt. Man muss die Angst kontrollieren können. 

Heute hat endlich wieder Mal die Sonne den ganzen Tag geschienen und es gab kein Gewitter. Halleluja!

105. Tag, Wide River Tentsite, Meile 987.3, Höhe 2410m

Wir sind heute Morgen etwas später los. Erstens weil es bereits später hell wird und zweitens weil ich Mühe hatte meinen Rucksack mit dem Bärenkanister zu packen. Das bringt mich völlig aus meiner täglichen Routine. Wir müssen den ganzen Food sowie alle Sachen die riechen, wie z.B. Zahnpasta, Sonnencreme, Moskito Repellent, Wet Wipes oder Gesichtscreme, im Bärenkanister aufbewahren. Zudem soll man ihn draußen, mit genügend Abstand zum Zelt, hinstellen. Ich habe bisher meinen Rucksack immer im Zelt gepackt aber das geht nicht mehr. Da ich morgens zuerst raus muss um diesen bescheuerten Bärenkanister zu holen😖. 

Seit wir South Lake Tahoe verlassen haben ist es jeden Tag gewittrig. Heute war es richtig bewölkt und hat sogar geregnet. Ich habe für eine kurze Zeit sogar meine Regenjacke angezogen (zum ersten Mal). Zudem ist hier die absolute Moskitohölle! Die Biester fallen so richtig über einem her. Es hatte heute auch richtig viel Wasser überall. Wir sind durch überflutete Graslandschaften gewandert, durch Schlamm, haben unzählige kleine Bäche überquert und mussten auch durch vier Flüsse durchwaten. Das Wasser war knietief und zum Teil hatte es eine leichte Strömung. Die Flussüberquerungen waren aber alle gut machbar. Wir laufen mit unseren Wanderschuhen durch die Flüsse und deshalb hatten wir den ganzen Tag nasse Füße. Man soll die Flüsse auf keinen Fall barfuß überqueren! Separate Schuhe zum Flüsse überqueren haben wir nicht. Zudem müsste man den ganzen Tag Schuhe wechseln und das ist einfach zu mühsam. Bei den beiden letzten Flüssen habe ich vor dem überqueren die Socken ausgezogen und meine orthopädischen Einlagen rausgenommen. Dies macht die Sache etwas angenehmer. 

Gegen Abend hat sich wieder ein Gewitter angekündigt und nach der letzten Flussüberquerung haben wir gleich eine Tentsite gesucht. 

Ich habe zuerst gegessen, eine heiße Schokolade getrunken, anschließend die Zähne geputzt und dann alles im Bärenkanister versorgt. Dann kam der ätzende Moment, wo ich meine nassen Schuhe wieder anziehen musste um den Bärenkanister draußen zu platzieren. Arrrggghhh!! Das Leben auf dem Trail kann ganz schön hart sein. 

Als ich wieder im Zelt war habe ich schnell die nassen Socken ausgezogen und bin in meine warmen Possum Down Socks geschlüpft. Ahhhh😊. Dann musste ich noch das Moskitonetz mit Sicherheitsnadeln verschließen damit es in meinem Zelt keine Moskitohölle gibt. Endlich Frierabend!

Ja und wisst ihr auf was ich mich morgen früh besonders freue? Genau, die nassen Schuhe wieder anzuziehen😩. 

104. Tag, Tentsite, Meile 1004.4, Höhe 2612m

Wir haben heute Morgen ausgeschlafen und ich habe mir noch ein währschaftes Frühstück im Restaurant gegönnt. Spiegeleier, Bratkartoffeln, Toast und viel Kaffee😊. Anschließend musste ich das Innenzelt, welches mir Big Agnes geschickt hatte, wieder zurück schicken weil es das falsche war😤. Ist aber mein Fehler da ich nicht wusste, dass es zwei verschiedene Versionen gibt. Jetzt muss ich halt weiter mein Moskitonetz mit Sicherheitsnadeln verschließen, das nervt. Bin froh, wenn ich endlich wieder ein funktionierendes Zelt habe. Ich hatte mich so gefreut, als ich das Paket abgeholt hatte und dann das. 

Wir sind dann am späteren Morgen Richtung Highway gelaufen. Das erste Auto hat uns bis zum Highway gefahren und das zweite bis zur Sonora Passstrasse. Um 10.00 waren wir wieder auf dem Trail. Es war richtig frisch und bewölkt. 

Es ging stetig hinauf und wir mussten immer mehr Schneefelder überqueren. Beim dritten haben wir die Microspikes angezogen und das war auch gut so. Wir mussten ziemlich oft um Schneefelder herumklettern und manchmal war es mehr Bergsteigen als Hiken. Es ging aber alles sehr gut. Oben auf dem Pass machten wird erst mal Mittagspause. Wir benutzten einen großen Fels als Windschutz. Das Wetter wurde auch langsam besser und vor allem wärmer. Der höchste Punkt lag bei 3300m. Es ging weiter durch eine teilweise öde Mondlandschaft. Man sah aber auch immer wieder halbgefrorene blaue Seen. 

Um 16.00 machten wir nochmal Pause unter knorrigen alten Föhren. Wir wollten gerade wieder aufbrechen als wir Big Sky sahen, der auf uns zustürmte. Er lief an uns vorbei und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Was ist denn jetzt los? Vielleicht hat ihn, was ich ihm gestern gesagt habe, bewogen nicht aufzugeben, was toll ist aber jetzt versuchte er wieder sich bei uns anzuhängen. Wo hat er bloß seinen Stolz? Er lief voraus, wartete aber immer auf uns wenn das Terrain schwierig wurde. Irgendwie tat er mir leid, D-Hiker war aber richtig genervt. Für mich ist die Sache mit Big Sky geklärt, er hat sich auch bei mir entschuldigt, aber D-Hiker muss wohl noch etwas mit ihm klären oder Klartext reden. Es ist eine ziemlich komische Situation. Er wollte wissen wo wir campen und D-Hiker meinte wir wissen es noch nicht und laufen einfach in den Abend rein. Er hielt dann an und wir gingen noch ein paar Meilen weiter. Morgen wird Big Sky in aller Herrgottsfrüh aufstehen, an uns vorbeistürmen und dann wieder auf uns warten… 

Wir sind jetzt an der Tentsite, haben gegessen und unseren Bärenkanister 30m entfernt in einem toten Baum platziert. Ich hoffe, dass er Morgen noch da ist, sonst haben wir nämlich ein Problem! Ach diese Bären und dabei habe ich noch keinen einzigen gesehen. 

103. Tag, Kennedy Meadows Resort (North), Meile 1016.9, Höhe 2521m

Ich bin total traurig. Wie ich heute von Estefania erfahren habe wurde Tree seit einer Woche vermisst und man hat ihren toten Körper heute im Kerrick Creek gefunden. Tree und ich waren beide bei Scout und Frodo und sind am gleichen Tag gestartet. Sie saß im Auto neben mir… Das letzte Mal sah ich sie in Mount Laguna auf dem Campingplatz. Sie musste eine Pause machen weil sie wie ich eine Infektion am Zeh hatte. Sie hat mir auch noch Antibiotikasalbe in einen kleinen Ziplock abgefüllt damit ich meinen Zeh verarzten konnte. Es tut mir so leid für sie und ihre Familie. 

Sie ist in dem Teilstück verunglückt, welches D-Hiker und ich morgen starten werden. Ich bin im Moment verunsichert. Vielleicht ist es einfach zu gefährlich was wir hier machen. Tree ist nach Strawberry die zweite welche in einem Fluss ertrinkt und beide waren alleine unterwegs. Diese Flussüberquerungen sind wirklich beängstigend…

Trotzdem werden wir morgen starten und uns bei den Flüssen viel Zeit nehmen. Es stimmt einem aber schon sehr nachdenklich. Ich weiß auch wie schnell etwas passieren kann und wie verletzlich wir hier draußen sind. Ich habe heute selber einen Fluss auf einem Baumstamm überquert und bin mit meinem Stock abgerutscht und kurz ins straucheln geraten…

Wir haben heute übrigens nicht wie wir gemeint haben den Sonora Pass überquert, der kommt nämlich erst morgen aber der Pass war trotzdem sehr hoch. Wir waren auf über 3200m. Beim hinauflaufen hatte es ab ca. 2900m Schnee. Wir mussten aber nie die Microspikes anziehen. Beim hinunter gehen gab es eine etwas gefährliche Stelle, wo ein Schneeblock den Weg versperrte. Wir sahen schon von weitem, dass dies eine Herausforderung darstellen würde. Bisher waren wir noch nicht getestet worden. Wir sind unter dem Schneefeld durchgegangen und mussten dazu steil auf brüchigem, sandigem Weg den Berg hinunter. Darunter war eine Schlucht was es auch nicht gerade einfacher machte. Jeder Schritt war eine Gratwanderung und man konnte jeder Zeit abrutschen. Einmal war ich in einer richtig blöden Situation, wo ich nicht vor oder zurück konnte. Ich habe mich dann irgendwie gewendet und mich mit den Händen an den Felsen festgehalten. Mann war ich froh, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Dies war aber die einzige brenzlige Situation am heutigen Tage. 

Am Mittag waren wir bereits auf der Sonora Pass Straße und wurden nach einer halben Stunde von einem Autofahrer mitgenommen der mit seinem Sohn Urlaub machte. Sein Sohn lebt bei seiner Mutter in Berlin und hatte gerade Sommerferien. Es war sehr angenehm in so einem schönen Wagen mit Ledersitzen, ich glaube es war ein Chevrolet, die Straße hinunter zu fahren. 

Das Kennedy Meadows Resort ist sehr schön und für PCT Hiker gibt es für 35$ ein Bunkbed, eine Dusche und einmal Wäsche waschen. Dazu einen sehr gut ausgestatteten Store für Hiker und ein Restaurant😊. 

Bei meiner Ankunft rief jemand meinen Namen. Es war Estefania (Five Star), welche ich zuletzt am Scissors Crossing gesehen habe. Wir haben die allerersten Schritte auf dem PCT gemeinsam gemacht. Das war eine Freude. Sie ist durch die Sierra gelaufen👍. Hoffe sie in Oregon wieder zu sehen. 

Big Sky hat hier aufgehört und ist Richtung Montana aufgebrochen, sein zu Hause. Er wollte mit uns laufen oder nach Hause fahren. D-Hiker wollte dies aber auf keinen Fall. Ich habe ihm beim Abschied gesagt, dass er nicht aufgeben soll nur weil er verletzt sei und dass er es nicht von einer Person abhängig machen soll ob er den PCT läuft oder nicht. Als ich durch D-Hiker erfuhr, dass Big Sky nicht mehr mit mir laufen wollte, war ich zuerst auch verletzt aber ans Aufgeben habe ich keine Sekunde gedacht. Man muss die Motivation haben den Weg alleine zu gehen, was nicht heißt, dass er alleine durch die Sierra gehen soll. Wenn D-Hiker nicht zu mir gestoßen wäre, wäre ich zum Kennedy Meadows Resort gelaufen und wäre dort ein paar Tage geblieben um auf Southbounder zu warten wo ich mich hätte anhängen können. 

Wir haben übrigens beide in der Hiker Box einen Bärenkanister gefunden. Den brauchen wir ab dem Sonorapass bis zum Kearsage Pass am Ende der Sierra. Vor allem in Yosemite soll es sehr viele Bären haben. Die Bären werden von den Rangern mit Gummigeschossen beschossen damit sie wieder mehr Angst vor den Menschen haben. 

Wir müssen unseren Rucksack völlig anders packen damit dieses Monster von Bärenkanister darin Platz hat. Dieses Teil wiegt 1.2kg!!! Ich weiß noch nicht wie das gehen soll. Schlussendlich habe ich es irgendwie geschafft, jetzt muss ich es nur noch schaffen, dieses Monster von einem Rucksack den Berg hinauf zu bekommen. Dies ist aber Gottseidank erst morgen und deshalb gehe ich jetzt schlafen. 

102. Tag, Tentsite, Meile 1025.9, Höhe 2522m

Morgen geht es auf den Sonora Pass, der ist über 3000m hoch. Bin gespannt wie das gehen wird aber ich bin zuversichtlich, dass ich das meistern kann. Big Sky kommt jetzt doch mit uns aber vorher wollte ich eine Aussprache. Keiner sollte auf so einen hohen Pass mit Schnee alleine gehen. Big Sky wird in Kennedy Meadows North vom Trail gehen und nach Hause fahren. Vielleicht auch weil D-Hiker ihm klar gemacht hat, dass sie die Sierra mit mir laufen wird. Alleine will er nicht weitergehen das mache keinen Spaß. Klar sollte man die Sierra nicht alleine laufen aber man sollte die Motivation haben den Trail alleine zu gehen. Er könnte sich in Kennedy Meadows auch einer anderen Gruppe anschließen. Ich bin auf jeden Fall froh, dass wir diese Aussprache hatten. Ich glaube wir haben uns einfach gegenseitig die Knöpfe gedrückt. Für mich ist das Ganze jetzt aber erledigt und fühlt sich ok an. 

Wir mussten heute einige Flüsse und Bäche überqueren und es wird immer anspruchsvoller. Aber man wächst ja mir der Aufgabe. Bis jetzt haben wir es immer geschafft, mit trockenen Füßen rüber zu kommen aber dies ist wohl bald vorbei. Vom Sonora Pass bis Tulomne Meadows sollen die schwierigsten Flussüberquerungen zu meistern sein. Wir werden sehr vorsichtig sein und wenn es sein muss laufen wir zuerst eine Meile den Fluss hoch bis wir eine Stelle finden wo wir gefahrlos überqueren können. Die Wasserlevels sind jetzt auch schon viel tiefer als noch vor einem Monat. 

Ich freue mich auf die Sierra und hoffe, dass wir noch mind. 2 gute Leute finden.