103. Tag, Kennedy Meadows Resort (North), Meile 1016.9, Höhe 2521m

Ich bin total traurig. Wie ich heute von Estefania erfahren habe wurde Tree seit einer Woche vermisst und man hat ihren toten Körper heute im Kerrick Creek gefunden. Tree und ich waren beide bei Scout und Frodo und sind am gleichen Tag gestartet. Sie saß im Auto neben mir… Das letzte Mal sah ich sie in Mount Laguna auf dem Campingplatz. Sie musste eine Pause machen weil sie wie ich eine Infektion am Zeh hatte. Sie hat mir auch noch Antibiotikasalbe in einen kleinen Ziplock abgefüllt damit ich meinen Zeh verarzten konnte. Es tut mir so leid für sie und ihre Familie. 

Sie ist in dem Teilstück verunglückt, welches D-Hiker und ich morgen starten werden. Ich bin im Moment verunsichert. Vielleicht ist es einfach zu gefährlich was wir hier machen. Tree ist nach Strawberry die zweite welche in einem Fluss ertrinkt und beide waren alleine unterwegs. Diese Flussüberquerungen sind wirklich beängstigend…

Trotzdem werden wir morgen starten und uns bei den Flüssen viel Zeit nehmen. Es stimmt einem aber schon sehr nachdenklich. Ich weiß auch wie schnell etwas passieren kann und wie verletzlich wir hier draußen sind. Ich habe heute selber einen Fluss auf einem Baumstamm überquert und bin mit meinem Stock abgerutscht und kurz ins straucheln geraten…

Wir haben heute übrigens nicht wie wir gemeint haben den Sonora Pass überquert, der kommt nämlich erst morgen aber der Pass war trotzdem sehr hoch. Wir waren auf über 3200m. Beim hinauflaufen hatte es ab ca. 2900m Schnee. Wir mussten aber nie die Microspikes anziehen. Beim hinunter gehen gab es eine etwas gefährliche Stelle, wo ein Schneeblock den Weg versperrte. Wir sahen schon von weitem, dass dies eine Herausforderung darstellen würde. Bisher waren wir noch nicht getestet worden. Wir sind unter dem Schneefeld durchgegangen und mussten dazu steil auf brüchigem, sandigem Weg den Berg hinunter. Darunter war eine Schlucht was es auch nicht gerade einfacher machte. Jeder Schritt war eine Gratwanderung und man konnte jeder Zeit abrutschen. Einmal war ich in einer richtig blöden Situation, wo ich nicht vor oder zurück konnte. Ich habe mich dann irgendwie gewendet und mich mit den Händen an den Felsen festgehalten. Mann war ich froh, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Dies war aber die einzige brenzlige Situation am heutigen Tage. 

Am Mittag waren wir bereits auf der Sonora Pass Straße und wurden nach einer halben Stunde von einem Autofahrer mitgenommen der mit seinem Sohn Urlaub machte. Sein Sohn lebt bei seiner Mutter in Berlin und hatte gerade Sommerferien. Es war sehr angenehm in so einem schönen Wagen mit Ledersitzen, ich glaube es war ein Chevrolet, die Straße hinunter zu fahren. 

Das Kennedy Meadows Resort ist sehr schön und für PCT Hiker gibt es für 35$ ein Bunkbed, eine Dusche und einmal Wäsche waschen. Dazu einen sehr gut ausgestatteten Store für Hiker und ein Restaurant😊. 

Bei meiner Ankunft rief jemand meinen Namen. Es war Estefania (Five Star), welche ich zuletzt am Scissors Crossing gesehen habe. Wir haben die allerersten Schritte auf dem PCT gemeinsam gemacht. Das war eine Freude. Sie ist durch die Sierra gelaufen👍. Hoffe sie in Oregon wieder zu sehen. 

Big Sky hat hier aufgehört und ist Richtung Montana aufgebrochen, sein zu Hause. Er wollte mit uns laufen oder nach Hause fahren. D-Hiker wollte dies aber auf keinen Fall. Ich habe ihm beim Abschied gesagt, dass er nicht aufgeben soll nur weil er verletzt sei und dass er es nicht von einer Person abhängig machen soll ob er den PCT läuft oder nicht. Als ich durch D-Hiker erfuhr, dass Big Sky nicht mehr mit mir laufen wollte, war ich zuerst auch verletzt aber ans Aufgeben habe ich keine Sekunde gedacht. Man muss die Motivation haben den Weg alleine zu gehen, was nicht heißt, dass er alleine durch die Sierra gehen soll. Wenn D-Hiker nicht zu mir gestoßen wäre, wäre ich zum Kennedy Meadows Resort gelaufen und wäre dort ein paar Tage geblieben um auf Southbounder zu warten wo ich mich hätte anhängen können. 

Wir haben übrigens beide in der Hiker Box einen Bärenkanister gefunden. Den brauchen wir ab dem Sonorapass bis zum Kearsage Pass am Ende der Sierra. Vor allem in Yosemite soll es sehr viele Bären haben. Die Bären werden von den Rangern mit Gummigeschossen beschossen damit sie wieder mehr Angst vor den Menschen haben. 

Wir müssen unseren Rucksack völlig anders packen damit dieses Monster von Bärenkanister darin Platz hat. Dieses Teil wiegt 1.2kg!!! Ich weiß noch nicht wie das gehen soll. Schlussendlich habe ich es irgendwie geschafft, jetzt muss ich es nur noch schaffen, dieses Monster von einem Rucksack den Berg hinauf zu bekommen. Dies ist aber Gottseidank erst morgen und deshalb gehe ich jetzt schlafen. 

Eine Antwort auf „103. Tag, Kennedy Meadows Resort (North), Meile 1016.9, Höhe 2521m

  1. Liebe Françoise, es tut mir so leid von dem Unglück von Tree zu lesen…phu ich kann mir in etwa vorstellen wie sehr dich diese Nachricht getroffen hat .Das ist sehr sehr tragisch…. Du wirkst so tapfer bei all dem was du erlebst und innerlich wie äusserlich zu tragen hast. Du hast körperlich zwar an Gewicht verloren, gleichzeitig innerlich und äußerlich an Stärke und Nähe zu dir selbst bestimmt 10 kg dazu gewonnen. Hut ab auch vor deiner Grösse mit der Situation mit Big Sky umzugehen, und auch vor der Ehrlichkeit im Umgang mit dir selbst. Pass gut auf dich auf Schildkröte ( das sind übrigens sehr weise und langlebige Tiere..)

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