77. Tag, Tentsite, Meile 1440.7, Höhe 1605m

Wir haben heute 1’000 Meilen geschafft, dies sind 1’600km 🤗!!! Ich habe das Gefühl, schon seit langer, langer Zeit auf dem PCT zu sein. Es ist nicht immer einfach und oft eine Riesenherausforderung. Trotzdem möchte ich nirgendwo anders sein im Moment. Auch nicht auf dem Oregon Coast Trail wo Mermaid ist😉. 

Heute mussten wir seit längerem wieder mal über Schnee laufen. Da lag ein riesiger Block aber den PCT hat er nicht groß tangiert. Ich bin hochgeklettert und auf dem Hosenboden oder besser Rock runtergerutscht😁. Ist man dann halt etwas nass aber bei einer Temperatur von über 30 Grad ist das schnell wieder trocken. Der Trail verläuft hier nicht ganz so hoch wie vorher, deshalb hat es weniger Schnee. Bin ganz froh über die Schneepause. 

D-Hiker und ich sind alleine am campen heute Abend, Big Sky hat schon 5 Meilen vorher aufgehört. Er war immer noch erschöpft von gestern. Wir haben gestern extrem geschwitzt und viele Elektrolyte verloren, deshalb ist man am nächsten Tag oft schlapp. Ich habe  eine doppelte Portion Elektrolyte getrunken und dann ging es mir gleich besser. Auch habe ich meine Suppe über Mittag noch extra mit Bouillon gewürzt.  

Ich habe Durst und würde am liebsten mein ganzes Wasser austrinken aber ich darf nicht da ich zu wenig habe. Die letzte Wasserquelle hat uns im Stich gelassen, es hat nur getröpfelt. Mit Ach und Krach habe ich knapp einen halben Liter mit einer Tasse rausgeholt. Dies reicht wenigstens für das Abendessen und den Kaffee am Morgen. Morgen müssen wir zuerst 3 Meilen laufen bis zur nächsten Quelle. Ich habe jetzt noch einen halben Liter, den ich möglichst für Morgen zum laufen brauchen möchte. 

Wir haben bereits vor dem Camp gegessen, wir sind auf einer unbenutzten Dirtroad, da wir von anderen Hikern gehört haben, dass ein junger Bär mutterlos herumläuft und nach fressen sucht. Hikerfood ist da natürlich eine einfache Nahrungsquelle. Wir möchten an unserer Campsite möglichst keine Essensgerüche verbreiten sogar die Zähne haben wir schon vorher geputzt. Bären mögen nämlich auch Zahnpasta. Wir sind auch nicht auf einer offiziellen Tentsite sondern auf einer alten unbenutzten ungeteerten Straße (Dirtroad). Wir haben alles getan was wir konnten und hoffen nun auf eine ruhige Nacht. Es ist Vollmond! Mein dritter auf dem Trail. Wunderschön!

76. Tag, Tentsite, Meile 1461,4, Höhe 1293m

Bin heute Morgen pünktlich um 5.30 gestartet. Big Sky und D-Hiker waren bereits weg da ich noch auf das Plumpsklo musste. Reisende soll man nicht aufhalten😉. 

Wir laufen durch riesige Wälder allesamt am Berghang entlang. Nach 2.5 Stunden fanden wir endlich ein Plätzchen wo wir frühstücken konnten. Vorher konnte man sich einfach nirgends hinsetzen. Kaum sitzt man wird man von den Moskitos gefressen, arrrgh! Sehr entspannt war das nicht. Nordkalifornien sucks!!! Wir werden hier von tausenden Fliegen gemartert, die ständig in unsere Augen, Ohren oder Nasen fliegen und sterben wollen. Dann diese elenden Blutsauger, die meiner Meinung nach überhaupt keine Existenzberechtigung haben. Zudem muss man täglich über umgefallene Bäume klettern und sich durch zugewachsenen Trail zwängen. Heute Morgen war ich richtig genervt von allem. Ich habe mir die berühmt berüchtigte Frage gestellt: „Warum tue ich mir das eigentlich an? Warum kann ich nicht wie alle anderen einfach an den Beach fahren und mich im Liegestuhl räkeln?“ Aber wahrscheinlich wäre mir das dann doch zu langweilig.  

Meine Mittagspause wollte ich auf dem Ash Camp am Mc Cloud River verbringen. Um 12.30 war ich dort und fand auch ein schönes schattiges Plätzchen. Die anderen beiden sah ich nicht aber die Campsite war auch groß. Ich aß mein obligates Ramensüppchen und anschließend war der Powernap fällig. Mir gegenüber hatte sich ein Camper im Liegestuhl eingerichtet und irgendwie hatte ich die Vermutung, dass er es auf meine Tentsite abgesehen hatte. Ich ließ mich dadurch aber nicht beirren und hielt mein Nickerchen. Um 13.45 machte ich mich dann bereit zum weiter hiken. Als ich nach vorne lief hat mich der junge Mann nett gegrüßt und ist mit seinem Zelt Freude strahlend zu der Tentsite marschiert. Wusste ich es doch, dass er nur darauf gewartet hatte, dass ich weiter hike. 

Ich habe dann noch D-Hiker und Big Sky getroffen, die hatten gebadet und dann ging es auch schon weiter.  Es war tierisch heiß, ca. 34 Grad und wir gingen mal wieder in der größten Hitze den Berg hinauf. Es war schier nicht zum aushalten. Der Schweiß ist mir nur so runtergeströmt und ich habe Unmengen von Wasser getrunken. Gottseidank gab es ca. jede Meile einen Bach wo wir wieder nachtanken konnten. Bald ging es aber aber wieder tiefer in den Wald und dann wurde es etwas angenehmer. Die letzte Meile ist immer die schlimmste, sie kommt einem manchmal endlos lang vor. Endlich waren wir an der Tentsite und haben unsere Zelte aufgestellt. Da Big Sky so Mühe hatte den Berg hinaufzukommen wollte ich etwas nettes für ihn tun und habe ihm einen Liter Wasser vom Bach mirgebracht. Er hätte es nur noch filtern müssen. Er wollte es aber nicht weil es nicht gefiltert war und ging lieber selber nochmal zum Bach um Wasser zu holen. Ich habe es zumindest versucht nett zusein, was man von ihm nicht behaupten kann. 

Der nächste Ort ist Burney, wir werden in 3 Tagen dort sein. Ich habe mich heute entschlossen, direkt zur Burney Mountain Guest Ranch zu gehen. D-Hiker und Big Sky werden nach Burney in die Stadt gehen, da D-Hiker noch am Computer was arbeiten muss. Vielleicht ist das der Moment, wo ich alleine weitergehen werde, mal sehen. 

Hier hat es viele Rehe und eines ist vorher den Trail runtergekommen und hat hinter unseren Zelten gegrast. Die Rehe hier sind gar nicht schüchtern und haben keine Angst vor Menschen. Irgendetwas hat das Reh aber beunruhigt, denn es hat immer in eine Richtung gestarrt und nervös mit den Ohren und dem Schwanz gewackelt. Plötzlich ist es durch den Wald davon gestürmt. Vor was es wohl geflüchtet ist? Ein Bär oder ein Mountain Lion? Ich habe nichts gesehen, keine Ahnung was da nachts so rumschleicht. Ehrlich gesagt möchte ich es auch gar kocht wissen. Wenn ich aus dem Moskitonetz nach oben schaue sehe ich nur Bäume, es ist noch hell, es ist Sommer. Gegen 21.00 fallen mir die Augen zu und dann lege ich mir meinen Buff über die Augen damit es dunkel ist. 

75. Tag, Cabin Creek Trailhead, Meile 1482.5, Höhe 812m

Gestern hatte Big Sky beim Einkaufen an der Kasse Jane kennengelernt und mit ihr geflirtet. Dabei hat er sich so gut angestellt, dass sie uns heute Morgen zum Trailhead an der Soda Creek Road gefahren hat😉. 

Um 8.30 sind wir dann gestartet. Wir kamen sogleich an einer Box Trail Magic vorbei mit Fruchtsäften und Crackers. Da war auch noch eine Flasche mit gefrorenem Wasser. Da ich noch Wasser zum kochen benötigte habe ich die mitgenommen. Mir kam leider zu spät in den Sinn, dass diese Flasche wohl nur zum Kühlen gedacht war. Ich habe mich dann gefragt, wie alt dieses Wasser wohl ist und ob da noch was anderes drin ist damit es länger gefroren bleibt. Ich habe das Wasser aber dennoch zum Vorbereiten meines Frühstücks benutzt und ich bin immer noch gesund😄. Beim Frühstück wurde ich dafür von hunderten Moskitos belästigt, diese elenden Blutsauger😖. Eigentlich wollte ich vorher schon anhalten. Ich hatte schon alles ausgepackt und wollte gerade Wasser heiss machen, als es im Wald hinter mir ziemlich laut geknackt hat. Da bewegte sich was größeres im Wald und wenn es viel Lärm macht ist es meistens ein Bär. Ich beschloss deshalb, das Frühstück auf später zu verschieben. Fand es keine gute Idee mit offenem Foodsack einem Bären gegenüber zu stehen. 

Die ersten 10 Meilen ging es nur hinauf bis wir wieder auf ca. 1600m waren. Es war nicht sehr anstrengend da es nicht steil war. Der PCT ist ja bekannt für seine Serpentinen und ich bin sehr froh darüber. 

Es gab heute nicht viele Möglichkeiten anzuhalten, da der Weg sehr schmal den Berg entlang führte. Da geht es immer auf der einen Seite steil hinunter und auf der anderen hinauf. Das Mittagessen haben wir bei einer Verzweigung eingenommen und uns einfach auf dem anderen Trail breit gemacht. Da Big Sky die Lime Chili Shrimps nicht mochte, hatte ich sogar eine doppelte Mahlzeit😊. 

Unterwegs haben wir Dennis getroffen, ein Amerikaner aus Memphis, der heute, nach zwei Wochen Pause wider auf dem PCT eingestiegen ist. Er muss erst wieder seine Trailbeine finden und läuft langsamer als ich. Ich fand es ganz angenehm, nicht immer die Letzte zu sein😉. Seit ich wieder alleine laufe werde ich immer schneller. Es ging dann nur noch hinunter. Der Weg war ziemlich eben und deshalb konnte ich seit langem wieder mal den Trail runterrennen. Mein verstauchter Fuß hatte dies lange nicht zugelassen. 

Jetzt liege ich im Zelt, neben mir rauscht ein Bach und es ist schön warm. Hat lange gedauert, bis wir abends nicht mehr frieren aber seit Anfang Juli ist es soweit. 

Mermaid hat auf den Oregon Coast Trail gewechselt wegen dem Schnee. Die Chance, dass ich sie wiedersehe ist also nicht all zu groß. Schade!