135. Tag, Tentsite, Meile 2351.7 , Höhe 1492m

Heute Morgen habe ich im Bett Kaffee getrunken und dann habe ich meine Regenkleider angezogen und bin mit meiner schmutzigen Wäsche zur Tankstelle gelaufen. Dort konnte ich für 7$ meine Kleider waschen und trocknen. In der Zwischenzeit habe ich gefrühstückt und bei anderen Hiker erste Erkundigungen betreffend dem Waldbrand eingeholt. Es gab verschiedene Möglichkeiten aber bisher hatte mich noch keine überzeugt. Man konnte den Rauch bereits hier riechen… 

Ich bin dann zurück ins Zimmer und habe mein Essen, welches ich hierher geschickt hatte, in meinem Foodsack gepackt. Dann musste ich wieder in die Tankstelle um die trockene Wäsche aus dem Tumbler zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit habe ich einen jungen Hiker namens Pop getroffen. Er hat mir gesagt, dass ein Trailangel namens Mojo, ihn bis zum Governement Meadows fahren würde. Dies ist da wo der Trail nach dem Feuer wieder geöffnet ist. Ich müsste somit nicht das Feuer zu Fuß umgehen sondern könnte drumrum fahren. Das ist es! Ich habe gleich gefragt, ob es noch Platz im Auto hätte was bejaht wurde. Ich habe dann sogleich meinen Rucksack fertig gepackt und dann ging es schon bald los. Eine lange Autofahrt, wir haben 52 Meilen des Trails übersprungen. Zuerst ging es über den Highway, dann über eine Forrest Road und zum Schluss ging es dann noch Offroad weiter. Wir mussten diesen Governement Meadows suchen aber am Schluss sind wir wirklich dort angekommen. Mojo hatte Freude daran uns seine Offroad Fähigkeiten zu zeigen, ja und wir hatten einfach Spaß. Hauptsache ich musste nicht fahren, das war echt etwas für Jungs😉. 

Wir haben dann noch alle dort zu Mittag gegessen und es kam auch noch ein alter Bekanner dazu, den ich schon ewig, seit der Wüste, nicht mehr gesehen hatte: Drum Solo! Ich habe mich total gefreut und konnte ihm auch noch etwas von meinem Essen abgeben. Da wir 52 Meilen übersprungen haben, hatte ich jetzt natürlich viel zu viel Essen dabei. Mojo hat uns auch noch Essen abgenommen damit wir es nicht schleppen mussten. 

Ich bin nicht sehr weit gekommen heute. Es ist so eine komische Stimmung mit diesem Waldbrand. Alles ist diffus und grau. Die Sonne kommt auch nicht richtig durch. Es hat mir etwas auf die Stimmung gedrückt. Hoffe, dass ich bald von diesem Brand wegkomme und der Himmel wieder blau ist. Dann lacht nämlich auch wieder mein Herz und diese deprimierende Stimmung geht weg. 

Ich liege im Zelt und ich habe mich schon wohler gefühlt. Vorher war der Himmel ganz orange und eine dunkle Rauchwolke zog über mir durch. Ich weiß nicht ob das vom Sonnenuntergang war oder vom Feuer. Mir ist echt mulmig und ich bin froh wenn es morgen ist und ich weiterlaufen kann. Heidi hat mir gerade geschrieben, dass es weiter im Norden auch brennt und sie im dicken Rauch aufgewacht sind. Im Moment wünsche ich mir gerade nicht alleine zu sein…

134. Tag, White Pass, Meile 2292.4, Höhe 1364m

Heute war einfach nur Wow!!! Absolut spektakulär und sagenhaft schön! Die Goat Rocks und vor allem Knifes Edge, haben alle meine Erwartungen übertroffen. 

Heute Morgen musste ich erst einmal alle Heuschrecken von meinem Zelt scheuchen bevor ich es zusammenpacken konnte. Ich habe ein paar nette Gedanken an das Pärchen geschickt, die die ganze Tentsite besetzt haben. Auf dem Weg zum Örtchen ist mir Renee entgegen gekommen und sie meinte, sie müsse mir dann etwas zeigen wenn wir oben auf dem Berg sind. Ich habe sie dann bald eingeholt, was gar nicht so einfach war, da ich ständig fotografieren musste. Oben angekommen hat sie mich über einen Grat geführt und dann waren da zwei Felsenthrone aufgebaut. Wir haben uns wie zwei Königinnen auf je einen Thron gesetzt und in die Welt erhaben in die Welt geblickt.  Auf der anderen Seite versuchte gerade eine Hikerin den Weg über das Schneefeld zu finden. Wir haben dann versucht sie anzuweisen, natürlich konnte sie uns nicht hören, „Geh etwas weiter hinauf, nein nicht dem pinkfarbenen Band folgen das führt nirgendwo hin, öffne deine Augen, siehst du die Spur nicht im Schnee?“. Ich habe dann gedacht, so muss es wohl Gott gehen, der immer wieder versucht uns anzuleiten aber wir hören ihn einfach nicht. Diese Parallele fand ich irgendwie gut. Wir mussten dann leider unsere Throne wieder verlassen, da wir ja noch hiken wollten. Das Mädel hat schlussendlich doch noch den Weg gefunden😉. 

Es ging dann zum Knives Edge, was wohl soviel wie Messersschneide heißt. Man läuft auf einem Grat und auf beiden Seiten ging es steil hinunter. Ausrutschen verboten! Teilweise war auch auf einer Seite eine Wand und auf der anderen ging es steil hinunter. Es war auf jeden Fall spektakulär und das Adrenalin hat auch nicht gefehlt. Ich musste so oft stehen bleiben um ein Foto zu schießen, dass ich kaum vorwärts kam. Zudem war absolute Konzentration gefordert denn der Weg war nicht einfach. Was war ich froh, dass wir gutes Wetter hatten. Also bei Regen, Schnee oder starkem Wind hätte ich diesen Weg nicht laufen wollen. 

Beim nächsten Bach haben Renee und ich noch zusammen gefrühstückt, dann ist sie davon gezogen. Sie muss täglich 28 Meilen laufen wenn sie es bis zum 15. September bis Kanada schaffen will. Puuhhh, wenn sie sich da bloß nicht zuviel vornimmt. 

Ich habe mich nicht sonderlich beeilt, warum auch. Kurz vor einer Quelle, die 0.3 Meilen abseits des Weges lag, holte mich Unger Where und ein anderer Hiker ein. Unger fragte mich, ob er mir auch Wasser mitbringen solle von der Quelle, dann müsse ich nicht extra runter laufen. Ich war ganz baff und habe dann natürlich eingewilligt. Ich saß gemütlich oben an der Quelle und habe darauf gewartet, dass die beiden Jungs zurückkommen. Das war echt super nett😘. 

Um 18.30 bin ich dann endlich am White Pass angekommen und siehe da, Renee war auch noch da. Sie telefonierte gerade und hatte diverse Karten vor sich ausgebreitet. Sie war wohl dabei zu planen wie sie um das Feuer rumgehen oder hitchen kann…

Ich habe mir ein super schönes und teures Hotelzimmer geleistet. Nach acht Tagen ohne Dusche habe ich mir das wohl verdient. Zuerst meinte der Manager sie hätten heute zu aber dann habe ich ihm vorgejammert, dass ich seit acht Tagen nicht duschen konnte und endlich wieder einmal ein Bett bräucht. Na auf jeden Fall hatte er dann Erbarmen mit mir und hat mich doch noch eingescheckt. Ich bekam ein Zimmer mit kleiner Küche, Bad und einem Hochbett. War gar nicht so einfach für Miss Turtle da hochzuklettern😂. 

Renee ist dann noch schnell vorbeigekommen um den Food, welchen Sie zuviel hatte bei mir zu lassen. Ich werde es dann morgen in die Hiker Box tun. Es war mittlerweile 19.30, draußen wurde es bereits dunkel und Renee war immer noch fest entschlossen wieder auf den Trail zu gehen. Was sie dann auch tat. Ja und ich habe mich gemütlich in mein Hochbett gelegt und mein Abendessen verdrückt. Dazu ein großes Bier damit ich auch ja gut schlafen kann. Morgen werde ich mich dann um meine Wäsche kümmern müssen und vor allem wie ich an diesem Waldbrand vorbeikomme. 

133. Tag, Tentsite, Meile 2272.7, Höhe 1995m

Labour Day!!! Weiß irgendjemand was das ist in den USA? Ich weiß nur, dass an diesen Wochenenden die Hölle los ist auf dem Pacific Crest Trail. Die ganze Nation scheint an diesem Tag mit Zelt und allem drum und dran in die Natur zu stürmen. Wir PCT Hiker finden dann kaum einen Platz unser Zelt aufzustellen. Ich bin hier auf einer Tentsite für mindestens 4-6 Zelte und ein Pärchen hat den ganzen Platz für sich alleine beansprucht! Ich muss auf der Wiese schlafen und meinen Platz mit tausenden Heuschrecken teilen😖! Bei der Tentsite vorher hat auch ein Pärchen den Platz annektiert und mir zu verstehen gegeben, dass ich Leine ziehen soll. Aber was soll ich mich aufregen, denn morgen ist alles wieder vorbei und wir Hiker haben den Trail wieder für uns alleine. Sollen sie wieder arbeiten gehen😝. 

Ansonsten war heute ein wunderschöner Tag mit stahlblauem Himmel. Es war teilweise sehr heiss. Am Anfang ging es auch wieder durch den Regenwald aber wie höher ich kam wie offener wurde es. Der Weg ging teilweise schwindelerregend am Steilhang entlang. Nur nicht ausrutschen habe ich immer wieder gedacht, da wären keine Bäume gewesen, die mich aufgefangen hätten… 

Auf der Campsite oder besser Wiese wo ich campe, hat man eine wunderschöne Aussicht auf Mount Adam. Ich habe jetzt gerade einen sehr schönen Sonnenuntergang gesehen und Mount Adam hat rötlich geleuchtet. 

Morgen kommt eine richtige Bergetappe und vor allem werde ich über „Knifes Edge“ runter gehen. Dies ist eine berüchtigte Etappe bei schlechtem Wetter oder Schnee. Alles andere als schönes Wetter würde mich aber sehr wundern für morgen. Ja und wenn alles gut geht bin ich morgen Abend bereits am White Pass ansonsten am Morgen danach.  

132. Tag, Tentsite, Meile 2253.2, Höhe 1535m

Es ist 20.00, ich liege in meinem Schlafsack im Moskitonetz und es wird langsam dunkel. Links neben mir ist eine Gruppe junger PCT Hiker und die machen alle Cowboy Camping, d.h. sie stellen kein Zelt auf, nicht mal das Moskitonetz. Sie schlafen unter freiem Himmel nur im Schlafsack. Habe ich nie gemacht und habe auch nicht das Bedürfnis dazu. Wir schlafen an einem Weiher, es hat dementsprechend Moskitos… 

Ich habe mir für Washington extra Goretex Wanderschuhe gekauft weil es hier ja soviel regnen soll. Ich habe noch keinen Tropfen Regen gesehen und gehe von Hitzewelle zu Hitzewelle. Ich schwitze dementsprechend in den Schuhen und meine Füße tun mir auch mehr weh als sonst. War vielleicht doch nicht so eine gute Idee… 

Ich laufe übrigens durch einen richtigen Regenwald. Kunststück, dass es mich an Gomera erinnert. Diese Flechten an den Bäumen und das Moos… Das Wetter soll übrigens weiter gut sein, mindestens für die nächsten 2-3 Wochen. Ich muss also keine Angst haben, dass ein verfrühter Wintereinbruch kommt. 

Heute bin ich wieder 21 Meilen gelaufen und so langsam gefällt mir Washington richtig gut. Ich laufe jetzt auch wieder höher, zw. 1500 und 1800m, das heißt auch, dass ich wieder mehr Weitsicht habe. Der Himmel war heute richtig blau, so intensiv! 

Ich habe heute Mount Adams fast komplett umrundet und das ist ein richtig schöner Berg. Ich konnte sogar einen Gletscher sehen. Es hat sehr viel Tannenwald, jetzt wieder unverbrannt, viele Wildblumen und Bäche. Es war heute so richtig schön wenn auch anstrengend. 

Auf der anderen Seite habe ich Mount Helen gesehen, der Vulkan der in den 80er Jahren ausgebrochen ist und daneben Mount Rainier. Dem werde ich im Verlauf noch näher kommen…

Nach White Pass hat es einen Waldbrand und ich weiß noch nicht wie ich daran vorbeikomme. Der PCT ist auf einer Strecke von ca. 24 Meilen gesperrt. Werde mich vor Ort erkundigen müssen, vielleicht muss ich drum rum fahren also hitchen. Jetzt genieße ich aber zuerst noch die Goat Rocks Wilderness für die nächsten zwei Tage bis White Pass. Freue mich darauf…

131. Tag, Tentsite, Meile 2232, Höhe 1697m

Ich habe sehr gut geschlafen nach meinem köstlichen geschenkten Mahl von gestern. Es schläft sich halt doch besser mit vollem Magen😊. 

Ich bin um 6.45 los, es war einfach so warm und gemütlich in meinem Schlafsack. Ich musste nur 10 Meilen bis zur Straße nach Trout Lake laufen. Es ging natürlich wieder durch dichten Wald. Was mich am meistendsran stört ist, dass die Sonne nicht durchkommt und es am Morgen relativ dunkel ist im Wald. Ich finde nicht einmal ein sonniges Frühstücksplätzchen…

Zuerst ging es flott den Berg hinunter aber dann musste ich doch noch einmal einen Berg hochsteigen bis es dann endlich runter zur Straße ging. Unten an der Straße waren ein paar PCT Hiker versammelt, unter anderem „Under Where?“ Er fragte mich wie das Essen geschmeckt hatte, natürlich sehr lecker, vielen Dank nochmal! Sie mussten nicht nach Trout Lake weil sie Food bis White Pass dabei hatten. Ich bin dann zur Straße und habe mich bereits gefreut weil ein Auto kam aber die mussten woanders hin. Ich bin dann die Straße runter gelaufen, weil ich wusste, dass man weiter unten Telefonempfang hat. Ich hätte dann einen Trail Angel anrufen können, der auf der Liste stand. Dies war aber gar nicht nötig weil mich zwei symphatische ältere Herren mitnahmen, die gerade von einem Hike zurückkamen. Sie setzten mich und einen anderen Hiker direkt vor dem Restaurant ab. Im Restaurant traf ich Renée (Kicksteps) und wir aßen zusammen. Sie war total müde und gar nicht fit. Ich musste sie überzeugen ein Zimmer zu nehmen und sich auszuruhen. Was sie dann auch gemacht hat. Manchmal muss man die Meilen einfach vergessen, der Körper braucht ab und zu eine Pause. 

Ich habe dann mein Paket im Grocery Shop abgeholt und Renée und ich saßen vor dem Store auf der Bank und machten Ressuply. Dies war eindeutig mit weniger Stress verbunden als das verschicken, ich musste das Essen nur noch in meinen Foodsack umpacken😊. Ich habe den Inhalt auch noch mal kontrolliert und gemerkt, dass ich das Frühstück vergessen hatte! Wo hatte ich bloß meinen Kopf als ich in Portland war? Konnte ich aber im Shop nachkaufen. Dann gab es noch eine Cola und eine Glace. Während ich da auf der Bank saß habe ich auch noch kurz meine Mitfahrgelegenheit zum Trailhead organisiert. Ich habe die Liste mit den Trail Angeln schon wieder nicht gebraucht. 

Um 16.00 ging es dann zurück zum Trailhead, 14 Meilen Autofahrt. Mit vollem Rucksack konnte es natürlich nur in eine Richtung gehen nämlich hinauf. Leider ging es wieder mal durch einen abgebrannten Wald rund um Mount Adams rum. Wir sind jetzt in der Mount Adams Wilderness und als nächstes kommen die Goat Rocks! Auf die freue ich mich schon lange. 

Ich campe mit White Spot und No Steps unterhalb von Mount Adams auf einer trockenen Wiese. Das lustige ist, dass ich vor drei Jahren den Blog der beiden verfolgt habe als sie zusammen den Appalachian Trail gelaufen sind und auch jetzt habe ich den Blog von White Spot abonniert. Die Hikerwelt ist doch klein oder? Ich habe in Bishopauch Carrot Quinn kennengelernt, ich in der Vorbereitungszeit zu meinem PCT-Abenteuer ihr Buch und natürlich Ihren Blog verfolgt. Da ich ihn immer noch abonniert hatte wusste ich, dass sie in Washington gestartet war und Southbound lief. Ich finde es toll, dass ich die Leute manchmal tatsächlich in real kennenlerne. 

Ich schlafe ohne Rain Fly und frage mich gerade ob das wohl eine gute Idee ist, denn erstens könnte es feucht werden heute Nacht (Wiese!) und zweitens ist es kalt.