Moissac, 14.6.2008 (24.5 km)
Lauzerte, 13.6.2008 (23 km)
Heute ist wahrlich Freitag der 13. Habe festgestellt, dass mein Wanderschuh auf beiden Seiten Löcher hat und ich mit diesen Schuhen nicht bis Santiago werde laufen können. Habe mich ein paar Mal gewundert, dass mein rechter Fuss sich bei Regen feucht anfühlt aber es ist mir nicht in den Sinn gekommen, dass mein Schuh Löcher haben könnte.
Vielleicht finde ich ja in Moissac ein paar neue Schuhe ansonsten werde ich Willi oder Cécile fragen ob sie mir das gleiche Modell welches ich habe kaufen und sie mir nach St. Jean Pied-de-Port schicken lassen.
Gester Abend habe ich mich in Lascabanes auf dem Friedhof auf einen Baum gesetzt und als ich aufgestanden bin gab es ein komisches Geräusch und mein Hintern war voll dunkelbraunem Harz. Es sieht aus als hätte ich in die Hosen gemacht. Werde mir in Moissac auch eine neue Hose kaufen müssen. Habe mein Konto überprüft und festgestellt, dass nicht mehr soviel Geld darauf ist. Habe das Gefühl, dass mir das Geld wie Sand durch die Finger rinnt und jetzt muss ich auch noch neue Schuhe und Hosen kaufen.
Ja und wie wenn das nicht schon genug wäre kommt auch noch Jean-Claude daher und teilt mir theatralisch mit, dass wir uns ab Morgen nicht mehr sehen würden. Habe ihn gefragt ob er den Bus nehmen oder in aller Hergottsfrühe loslaufen wolle? Er scheint die Schnauze voll von mir zu haben, was ich auch verstehen kann. Es ist kein schönes Gefühl zurückgewiesen zu werden und ich kann recht eklig sein wenn ich mir jemandem vom Leib halten will. Ich sollte mich wohl bei ihm entschuldigen. Wahrscheinlich ist es besser wenn unsere Wege sich komplett trennen. Wenn er mich sieht wird er immer daran erinnert, dass ich ihn zurückgewiesen habe und wenn ich ihn sehe denke ich immer: Mein Gott ich werde ihn einfach nicht los!
Lascabanes, 12.6.2008 (22 km)
Bin im wunderschönen Gîte communal von Lascabanes und freue mich schon auf das Essen. Dies sollte man hier auf keinen Fall auslassen denn es ist einfach hervorragend!
Heute war ein wunderschöner, sonniger und etwas windiger Tag. Was für ein Unterschied wenn man diese Etappe bei schönem Wetter läuft. Keine Stollen unter den Schuhen welche einem das Laufen schwer machen und dazu ist die Strecke relativ flach.
War den ganzen Tag alleine unterwegs und habe mich mal wieder so richtig wohl gefühlt in meiner Haut. Ich glaube Jean-Claude hat es endlich kapiert, dass ich alleine laufen möchte.
Bei Les Mathieux stand 1130 km bis Santiago somit wäre ich Morgen bei der Hälfte meines Weges angekommen. Ich bin echt stolz auf mich und das alles ohne grössere Probleme. Keine Unfälle, keine Krankheit, keine Sehnenscheidenentzündungen, nur Abends schmerzende Füsse welche sich aber jeweils über Nacht wieder erholen. Hoffe es bleibt auch weiterhin so.
Bin schon um 15.00 Uhr angekommen und warte darauf, dass die Gerantin kommt und ich mein wohlverdientes Bier trinken kann. Hier gibt es auch einen kleinen Lebensmittelshop wo man sich selber bedienen kann und dann wirft man das Geld in die Kasse. Die sind ja hier echt vertrauensvoll.
Sonst gibt es eigentlich heute nicht viel zu berichten, werde immer leerer und mein Verstand quält mich auch nicht mehr oft. Versuche einfach im Moment zu sein und das Leben zu geniessen.
Ich vermisse Agnes welche aber zu weit voraus ist als dass ich sie einholen könnte. Wir schicken uns aber immer wieder mal ein sms um in Kontakt zu bleiben.
Cahors, 11.6.2008 (17 km)
Habe mir endlich hier in Cahors ein neues Heft besorgen können. Wollte eigentlich noch bis Les Mathieux weiterlaufen, da von dieser Gîte immer in den höchsten Tönen geschwärmt wird. Es hat einen Swimmingpool mit wunderschöner Aussicht, unter den Gîtes bekommt sie 5 Sterne…;-). Als ich dann aber die drohenden Gewitterwolken sah welche sich vor mir auftürmten habe ich beschlossen doch in Cahors zu bleiben. Dies war ein gute Entscheidung denn wenig später ist ein gigantisches Gewitter über uns hergezogen.
Gestern in Carbrerets, habe ich Jean-Claude am Morgen mitgeteilt, dass ich wieder alleine laufen möchte. Es wurde mir mal wieder zu eng, seine Reserviererei geht mir auf die Nerven und es ist einfach nicht so wie ich meinen Camino laufen möchte. Ich kann ein ziemliches Ekelpaket sein wenn ich mich eingeengt fühle und dies hat er auch schon zu spüren bekommen; deshalb habe ich beschlossen alleine weiter zu gehen. Ich muss lernen mich abzugrenzen ohne gleich alle Schotten dicht zu machen und mein Herz zu verschliessen.
Wenn ich in Moissac bin habe ich die Hälfte des Weges geschafft nämlich 1100 km. Dann ist dann ein Gläschen Champagner fällig. Schon verrückt wenn ich darüber nachdenke.
Habe beschlossen die Variante durch das Célé-Tal zu nehmen anstatt auf dem GR65 zu bleiben. Die andere Strecke bin ich ja schon letztes Jahr gelaufen und so freue ich mich Neuland zu entdecken. Jean-Claude hat sich mir angeschlossen mal schauen wie lange das gut geht. Bin ja nicht gerade dafür bekannt sehr gut paarweise laufen zu können…;-). Eigentlich wollten wir heute in Espagnac übernachten aber die Gîte war wieder einmal durch eine Reisegruppe belegt. Jean-Claude reserviert seine Übernachtungen immer 4 Tage im voraus und ich möchte am liebsten gar nicht reservieren. Möchte ja lernen zu vertrauen und die Kontrolle loszulassen. Er ist jetzt natürlich wieder davon überzeugt, dass es besser ist zu reservieren. Kommen da wohl schon die ersten kleinen Unstimmigkeiten? Dies ist der Preis wenn man zu zweit läuft man muss immer Kompromisse schliessen.
Die Madame wollte uns dann in der Küche auf Klappbetten einquartieren aber im Hinblick darauf, dass die Reisegruppe evt. kochen könnte, haben wir beschlossen bis zum Campingplatz von Moulin Vieux weiterzulaufen. Hier sind wir nun in einem Wohnwagen und sind froh nicht in der Küche übernachten zu müssen.
Die Strecke heute war sehr schön und es ging meist dem Fluss Célé entlang. Ja und das Wetter hat sich auch von seiner schönen Seite gezeigt und nur gegen Abend sind wieder Gewitterwolken aufgezogen.
So jetzt muss ich aufhören, denn mein erstes Heft ist zu Ende und ich muss mir zuerst ein neues besorgen bevor ich weiter schreiben kann.
Heute bin ich früh los da ich es wenn möglich bis La Cassagnole schaffen wollte. Leider hat es nicht geklappt da wegen Bauarbeiten die Strecke länger war als vorgesehen und 30 km waren mir in diesem Moment einfach zuviel.Ich hatte Livinhac kaum hinter mir gelassen als schon wieder die ersten Tropfen vom Himmel fielen und ich meine „geliebte“ Regenpellerine überziehen musste aber es hat nicht lange angehalten. Als ich schon eine Weile unterwegs war ist mir plötzlich eingefallen, dass ich einen Teil meines Proviantes im Kühlschrank zurückgelassen hatte. Habe die beiden Jean-Claudes angerufen aber leider kam bei beiden nur die Mailbox. Ok, dann musste ich halt auf meinen Käse und den Schinken verzichten, ist ja nicht so dass ich gar nichts mehr dabei hatte.Bei der Chapelle de Guirande habe ich eine Abkürzung genommen und bin 2 km auf der D2 geblieben anstatt einen grossen Umweg über das Hinterland zu nehmen. Den guten Tipp habe ich von 4 Franzosen bekommen welche vor mir liefen…;-) und da ich einen weiten Weg vor mir hatte kam mir das gerade recht.In Saint-Felix habe ich dann ausgiebig Rast gemacht und meine Franzosen haben mir sogar noch eine Dose Sardellen und Käse geschenkt als sie mitgekriegt haben, dass ich einen Teil meines Proviantes zurückgelassen habe. Das fand ich echt nett und ich nahm die Gaben dankend entgegen.Auf dem Weg runter nach Figeac bin ich dann wieder den beiden Jean-Claudes und Nordie begegnet und wir sind gleich zusammen ein Bier trinken gegangen.Wir hatten dann mal wieder ein Abschiedsessen da Nordie und Jean-Claude2 hier aufgehört haben. Marco ist auch noch zu uns gestossen und wir sind alle zusammen Essen gegangen. Im Fernsehen lief gerade der Final von Roland Garros zwischen Roger Federer und Rafael Nadal. Es war total spannend und ich bin kaum zum Essen gekommen. Jean-Claude2 hat gemeint wenn wir in Finisterre wären sollen wir ihm eine sms schicken und dann kommt er uns mit dem Segelboot abholen und wir fahren alle zusammen irgendwohin. Schöner Gedanke…;-).
HeuteMorgen habe ich mich um 8.00 mit den beiden Jean-Claudes vor der Kathedrale verabredet. Als sie um 8.15 immer noch nicht da waren wollte ich schon alleine loslaufen. Da kamen sie herbeigeeilt und haben schuldbewusst gemeint, dass sie schon losgelaufen sind und mich vergessen haben! Hmmm, also ein bisschen beleidigt war ich schon.Der Anstieg zur Chapelle Sainte Foy ist ganz schön steil und wir sind ziemlich ins Schwitzen gekommen. Dafür lohnt sich der Ausblick zurück auf Conques. Leider kam die Sonne genau von vorne, dass ich keine schönen Bilder machen konnte.Wir haben dann beschlossen, die Variante über Noailhac zu nehmen, vor allem weil es auf dieser Strecke noch eine Verpflegungsmöglichkeit gab. Wir sind auch nicht runter nach Decazeville, da wir die hässliche Stadt meiden wollten, sondern oben auf dem chemin des crêtes geblieben. Die ganze Strecke verläuft meistens auf der Strasse und ist für die Füsse dementsprechend anstrengend. Habe gehört, dass es bis Figeac so weitergehen soll.Es war den ganzen Tag ziemlich sonnig nur gegen Abend haben sich Gewitterwolken angemeldet aber als die ersten Tropfen fielen waren wir schon angekommen.Wollte eigentlich in den Gîte communal gehen aber die beiden Jean-Claudes haben mich dann in die Herberge (la Magnanerie, sehr zu empfehlen!) mitgenommen wo sie schon reserviert hatten. Es hatte dann für mich auch noch ein Plätzchen frei und wir haben uns Abends ein leckeres Essen zubereitet mit einem richtig guten Stück Fleisch, Gemüse, Salat und natürlich viel Rotwein. So gut gegessen habe ich schon lange nicht mehr und das für sage und schreibe 5 Euro pro Person.Die beiden Jean-Claudes haben sich früh in ihrem Turmzimmer schlafen gelegt und ich habe noch mit Marco ein Glässchen Wein getrunken wozu er mich eingeladen hatte. Marco ist auch zu Hause in Deutschland gestartet und macht hier gerade einen Ruhetag.







Espeyrac, 3.6.2008 (24 km)
Es ging heute viel durch den Wald und in Golinhac haben wir uns im Hameau de Saint-Jacques eine ausgiebige Pause gegönnt und unsere klitschnassen Pellerinen zum trocknen aufgehängt. Die Madame hat uns sogar angeboten, dass wenn wir in Espeyrac nichts zum übernachten finden würden, wir sie anrufen sollen und sie uns dann mit dem Auto abholen würde. Wenn das nicht ein super Service ist! Da kann man ja ganz beruhigt weiterlaufen.
Die Gîte communal in Espeyrac ist sehr schön und verglichen mit der in Estaing direkt luxuriös. Jean-Claude kocht gerade Pasta mit sehr viel Zwiebeln, Tomaten, Speck und Pilzen. Es riecht total lecker und ich habe wieder einmal tierisch Hunger.
Hatte mal wieder so richtige Wiederstände und damit läuft es sich bekanntermassen besonders gut. Oben angekommen ging es Gott sei Dank ein Stück der Strasse entlang und ich habe es geschafft meine Wiederstände loszulassen. Ich bin dann singend weitergelaufen. Vor Trédon ging es dann noch ein Bachbett hinunter, meine Schuhe waren völlig durchnässt. Die Kirche von Trédon war leide r geschlossen und ich habe mich draussen auf die Mauer gesetzt. Neben der Eingangstüre stand dieses wunderschöne Gedicht:AM ENDE SEINES LEBENS SCHAUTE EIN MANN AUF SEINEN LEBENSWEG ZURÜCK UND SAH, DASS ES ENTLANG DES GANZEN WEGES VIER FUSSABDRÜCKE IM SAND HATTE, DIE SEINEN UND DIE VON GOTT ABER IN DEN SCHWIERIGEN MOMENTEN HATTE ES NUR ZWEI!SEHR ÜBERRASCHT UND AUCH VERLETZT SAGTE ER ZU GOTT: ICH SEHE, DASS ES GERADE IN DEN SCHWIERIGEN MOMENTEN WAR WO DU MICH ALLEINE GELASSEN HAST….ABER NEIN! HAT IHM GOTT GEANTWORTET, IN DEN SCHWIERIGEN MOMENTEN HATTE ES NUR MEINE SPUREN IM SAND WEIL ICH DICH IN MEINEN ARMEN GETRAGEN HABE.Dies war genau den Balsam welche meine Seele in diesem Moment brauchte. Es hat mich so berührt, dass ich angefangen habe zu heulen und von da an fühlte ich mich nicht mehr alleine und wirklich getragen von Gott.Um 12.00 mittags war ich in Estaing und überlegte mir noch weiterzulaufen aber irgendwie hatte ich keine Energie mehr. Habe ein Sandwich gegessen und Kaffee getrunken. Da sah ich plötzlich Jean-Claude auf mich zukommen und wir haben uns total gefreut uns wiederzusehen. Seit der Domaine du Sauvage hatten wir uns aus den Augen verloren. Er war mit einem anderen Pilger unterwegs der auch Jean-Claude heisst…;-). Sie haben mich dann überzeugen können mit ihnen in Estaing zu bleiben; ehrlich gesagt hat es nicht viel Überzeugungsarbeit gebraucht da meine Motivation durch den vielen Regen und Schlamm im Keller war.



Ich habe dann noch den kurzen Abstecher zur Eglise du Perse gemacht und war völlig begeistert von diesem ruhigen und schönen Ort. Im goldenen Buch habe ich dann auch noch einen Eintrag von Agnes gelesen und festgestellt, dass sie mir 2 Tage voraus ist. Habe mich total gefreut indirekt von ihr zu hören. Werde ihr ein sms schicken und sie fragen wie es ihr geht. Vermisse sie nämlich.
Ein italienischer Pilger hier hat die Nase gerümpft als er gehört hat, dass wir die Variante der Strasse entlang genommen hätten. Er meinte dies sei nicht der Originalpilgerweg und deshalb hat sich auf dem Schlammpfad abgemüht. Ideen haben die Leute manchmal da kann ich mich nur wundern. Ich habe ihn dann gefragt, ob er meint, dass die Pilger früher auf dem GR65 gelaufen seien…;-).



St. Chely d’Aubrac, 31.5.2008 (17 km)

Ich mochte diese Strecke schon beim letzten Mal nicht, da sie teilweise schlecht markiert ist und man durch die Kühe hindurch laufen muss. Ich war froh, als ich oben bei der Schutzhütte war am höchsten Punkt und die Kühe hinter mir gelassen habe.






Aumont Aubrac, 29.5.2008 (21 km)



Les Faux, 28.5.2008 (28 km)

Wir haben uns vor dem Eingang zum Haus an den Tisch gesetzt und wollten noch einen Moment mit Jean-Claude und Marie-France verbringen bevor wir weiterziehen. Da kam die Madame aus dem Haus und hat gefragt ob wir alle hier übernachten würden und als wir gesagt haben Nein hat sie uns weggescheucht dies sei Privat hier. Wirklich nicht sehr einladend. Hier in Les Faux ist es dafür super sympathisch!


Bis jetzt hatte es auch immer genug Platz. Nimmt mich Wunder wo Anges ist, wahrscheinlich ist sie schon in der Domaine du Sauvage. Das würde heissen sie ist mir eine Etappe voraus. Ich wünsche ihr, dass sie neue Freunde findet wie ich auch und viele gute Erfahrungen macht. Freue mich schon wieder auf unser Wiedersehen.

