83. Tag, Border Spring Tentsite, Meile 1343.8, Höhe 1804m

Ich bin heute Nacht mit Schrecken durch ein mehrmaliges lautes Schnauben aufgewacht. Ich war mir sicher das ist ein Bär!!! Ich lag wie erstarrt in meinem Zelt und lauschte nach draußen. Ich konnte aber nichts sehen und auch nichts hören. Komisch, ein Bär würde man doch hören, die sind nicht leise! Die grunzen und schnüffeln run. Vielleicht habe ich es auch nur geträumt und bin von meinem eigenen Schnauben aufgewacht. Wenn ich schnarche wache ich nämlich auch auf😂. Ich habe mich dann wieder beruhigt und bin wieder eingeschlafen. 

Gleich am Anfang vom Lassen Volcanic Park bin ich in eine Gruppe von jungen Hikern gelaufen. Sie waren gerade dabei aufzustehen und hatten sichtlich Spaß. Mich hat es traurig gemacht, denn ich möchte auch wieder Spaß haben. Ich möchte auch mit einer Gruppe unterwegs sein, die sich gut versteht. Im Moment fühle ich mich gerade sehr alleine auf der Welt. Ich habe keine Eltern mehr, von meinen Geschwistern oder Freunden höre ich nichts und ich habe auch keine bessere Hälfte. Zudem laufe ich momentan auch den PCT alleine. Ich war einfach nur traurig und die Tränen sind mir heruntergelaufen. Es hat gut getan zu weinen. 

Es war kalt und ich wartete auf die Sonne. Ich kam auf eine Ebene und da schien die Sonne, da habe ich beschlossen zu frühstücken. Als ich das Wasser erhitzte hörte ich einen Koyoten heulen. Zuerst dachte ich es sei ein Wolf aber nein es war ein Koyote. Das hat sich auch traurig angehört, da habe ich mit dem Koyoten etwas gemeinsam. Ich habe zuerst etwas ängstlich herum geschaut aber dann habe ich mich entspannt und einfach mein Frühstück genossen. 

Anschließend ging es stundenlang durch verbrannten Wald, das war echt eine Geduldsprobe. Es ist vor allem auch langweilig für das Auge. 

Ich kam am wunderschönen Twin Lake vorbei, habe aber nicht angehalten, weil es da immer wieder Zwischenfälle mit Bären gibt. Dies ist auch der Grund, warum man für die 20 Meilen einen Bärenkanister braucht wenn man hier campen will. Da ich keinen habe musste ich die Strecke an einem Tag durchlaufen. Ich campe jetzt direkt am Ende dieser Zone. Ich hoffe die Bären halten sich daran😉. 

Ich musste heute einen größeren Fluss furten. Das hätte nasse Füsse gegeben wenn nicht weiter oben ein riesiger Baumstamm über dem Fluss gelegen wäre. Es war aber trotzdem eine Mutprobe darüber zu laufen wenn darunter der Fluss gurgelt. Aber ich habe die Aufgabe souverän gemeistert. Anschließend musste ich mich aber erholen und schauen, dass das Adrenalin wieder runter ging. Da war eine Tentsite direkt am Fluss, die sich dafür anbot. 

Die Drakesbad Guest Ranch bietet Frühstück, Lunch und Dinner an. Immer nur für eine Stunde und ich kam um 15.00 zw. Mittag- und Abendessen an. Ich beschloss daher weiterzulaufen, wenn auch nicht gerade glücklich darüber. Morgen bin ich ja in Chester, da gibt es dann auch wieder was zu futtern. 

Jetzt musste ich nur noch die letzten 4 Meilen bis zur Boundry Spring laufen. Ich kam an einem vulkanischen See vorbei mit heißem Wasser. Es stank auch ziemlich nach Schwefel. Mount Lassen ist ein Vulkan und dementsprechend sieht es hier auch aus. Man sieht Tonnen von Lavasteinen. Das muss eine Wahnsinnseruption gewesen sein vor langer Zeit. Die Steine müssen Kilometerweit geschleudert sein. 

Als ich um 17.30 an der Boundryspring ankam, saßen D-Hiker und Big Sky da und waren gerade dabei Dinner zu essen. Sie wollten noch 4.5 Meilen weiter gehen. Für mich war klar, dass ich hier bleibe. 21.5 Meilen dürften reichen fürs Erste. Ich war bedient. Es ist schon so, dass ich mich immer mehr von ihnen löse und meinen eigenen Weg gehe. 

Heute Nacht campe ich wieder ganz alleine. Habe gehofft, dass vielleicht noch andere Hiker kommen aber es sieht nicht so aus. Ich werde Ohropax in meine Ohren stopfen und meinen Buff über die Augen legen. Wenn der Bär kommt will ich lieber nichts hören oder sehen. Soll er doch rumschnüffeln und mich in authentisch lassen. 

10 Antworten auf „83. Tag, Border Spring Tentsite, Meile 1343.8, Höhe 1804m

  1. hallo françoise, es ist schon wie du sagst „von den freunden hört man nichts“, gäll😞 aber glaube mir, es ist keine ausrede, wir lesen gespannt deine mega interessanten berichte und ich habe grossen respekt von deinem vorhaben. für mich wäre das nichts, ich angsthase 😱😊. im arbeitsalltag „vergisst“ man einfach gleich ein paar worte zu schreiben und denkt ich machs dann….
    im moment sitze ich gemütlich in italien in einer bar, habe 2 wochen urlaub 🏖 machs gut, geniess es weiterhin, du findest sicher wieder bald tollen anschluss 👍👋😗

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    1. Liebe Doris. Ja ich weiß genau wie es ist😉. Es geht mir auch schon viel besser seit ich wieder alleine laufe. Manchmal hat man so Motivationskrisen und wünscht sich etwas Unterstützung von zu Hause. Es freut mich, dass du mich auf meinem Blog begleitest. GLG Françoise

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  2. Liebe Francoise deine Kommentare und Schilderungen sind so toll und interessant zu lesen.
    Du bist doch nicht ganz alleine, denn ich bin in Gedanken ständig bei Dir.
    Ich finde es grossartig, dass du dieses Abenteuer machst, Respekt.
    Herzliche Grüsse und e feschti Umarmig Evelyne

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  3. moin turtle
    sitze gerade in reykjavik heute stadtpark auf eigene faust sonst gebuchte reise
    auch erloschene vulkane

    kann dich gut verstehen
    und bin oft bei dir
    nein du bist nicht alleine
    nur zulassen musst du uns die dir folgen
    denk beim nächst mal an die drei hörnten lüge auf der hospitalis dann lachst du

    aber auch das gefühl das dir jetzt aufstößt gehört zu deinem Weg wie die freude über die natur

    ganz doll gedrückt
    ganz lieben Gruss

    die stadt hier ruft

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  4. Paul-Heinrich Fuchs, Wölflinweg 12, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Deutschland sagt:

    Ich bin immer wieder erstaunt, wie Sie diesen Weg voller Abenteuer meistern. Meinen REspekt. In Gedanken gehen ich die Etappen immer nachträglich mit, wenn die neueste Post kommt. Auch nach einem anstrengenden Tag noch zu schreiben, bewundere ich sehr.
    Ich wünsche alles Gute, Schutz und Bewahrung bei jedem Schritt und Tritt, jede Nacht ein ansprechendes Nachtquartier und für die nächsten Tage doch auch Menschen, die einen ein Stück wie auf den Pilgerwegen begleiten.
    Liebe Grüße „Shalom“ Paul-Heinrich

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  5. Liebe Miss Turtle , eigentlich sitze ich auf deinen Schultern und gehe den ganzen Trail mit dir , das ist das Zusatzgewicht welches du dir nicht erklären kannst und dich so viele Kilo’s verlieren lässt. Zudem verfolge ich dich auf My Spot und freue mich wie ein Kind an Weihnachten auf deine Blog Nachrichten. Diese sind für mich übrigens sehr aufschlussreich weil sie so ehrlich sind . Ehrlich und authentisch. Du magst zwar zwischendurch alleine auf dem Trail sein Françoise, aber mit dem Herzen wirst du von vielen Menschen begleitet. Vertrau darauf. Zudem habe ich schon einen großen Baileys Vorrat angelegt den wir dann gemeinsam tilgen werden wenn du zurück bist und wehmütig von deinen Abenteuern berichten wirst. Versuche dir im Moment dein eigener Kompass und deine eigene Weggefährtin zu sein und genau daraus Kraft zu schöpfen. Das ist wohl Teil des Trails und wird dir eine innere Stärke verleihen auf welche du noch in mancher Situation in deinem Leben wirst zurück greifen können . Hang in there , Sandy

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  6. Ps. Heulende Koyoten werden von den Indianern “ singing dogs“ genannt. Ihr nächtlicher Gesang war etwas von dem was ich damals zurück in der Schweiz am meisten vermisste. Ich konnte so gut einschlafen zu ihrer Nachtmusik , also Öhrchenstöpsel raus 😊🐾🎼

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